Auf dem Weg zu einem neuen CDU-Grundsatzprogramm

12.07.2022

Beratung der „Grundwertecharta“: die Zukunft mit Mut und Zuversicht in die Hand nehmen

Bis zur Europawahl im Jahr 2024 soll das neue Grundsatzprogramm der CDU Deutschlands vorliegen. In der Partei arbeiten Fachkommissionen intensiv dafür, den einzigartigen Chancen, die die CDU als christliche Volkspartei hat, neue Sichtbarkeit und Klarheit zu verleihen. Der stellvertretende CDU Vorsitzende Dr. Carsten Linnemann MdB, leitet den Programmprozess. In seinem Verlauf sollen vor allem die Mitglieder in den einzelnen Entwicklungsphasen immer wieder entscheidendes Wort haben. Es geht um alle Lebenswirklichkeiten, die eine Volkspartei ausmachen: die ihre Quelle sind. Deshalb wird das derzeit geltende Parteiprogramm aus dem Jahr 2007 in der maßlosen Beschleunigung des Wandels aktualisiert: des Epochenbruchs, der unbeherrschten Dynamiken, des neuen Risikos, der Vielfalt und Buntheit von Lebensstilen.

Der Vorsitzende des CDU-Kreisverbandes Rhein-Sieg, Oliver Krauß, erklärt: „Die Gleichzeitigkeit von Konflikten, die sich überlagern und ereignen, fordern oft schnelle Reaktionen. Mit der digitalen Verständigung gehen alte Bindungen verloren. Die Komplexität von Menschheitsaufgaben – Leben zu schützen, Frieden zu haben, Schöpfung zu erhalten – machen Angst. In solcher Heftigkeit ist die Standortbestimmung besonders wichtig: dass das Warum klar ist und das Wofür. Die Unterscheidbarkeit macht die Alternative. Mit dem positiven Bild vom Menschen, das wir teilen, und mit der einenden Überzeugung, das mit der Schöpfung etwas gemeint und etwas gewollt ist, hat die Union einzigartige Gestaltungsmöglichkeiten im Vergleich mit einem ‚neutralen‘ Weltverständnis. Unsere Alternative ist die des gegenseitige Vertrauens und des verantwortlichen Handelns nach besten Kräften: immer so, dass die Folgen gleichermaßen dem eigenen Wohl und dem der anderen dienen. Dieses politische Angebot und sein Wertefundament müssen ganz klar erkennbar sein gegenüber einer Politik, für die nur das Zeitmaß der irdischen Existenz der Maßstab ist: mit dem darin zu erreichende Höchstmaß eigenen Wohlergehens als einem letzten Wert. An ihrem Ende steht oft das Rette sich, wer kann.“ 

Am 15. Juni 2022 hat der Bundesvorstand der CDU den Entwurf einer Grundwertecharta zur Diskussion gestellt, auf der das neue Programm gründen soll. Bis zum 11. August 2022 steht die Charta den Mitgliedern der CDU zur Beratung offen. Änderungsanträge können gestellt werden. Antragsberechtigte Gliederungen der Partei sind dazu die CDU-Kreisverbände. Der 35. Bundesparteitag der CDU, der am 9. und 10. September 2022 in Hannover stattfindet, wird die Grundwertecharta schließlich verabschieden.

Oliver Krauß: „Im CDU-Kreisverband Rhein-Sieg wollen wir die lebendige Diskussion der Charta. Dafür werden wir jetzt zusätzlich zu der Bundespartei werben. Über den Monat Juli 2022 hinweg sammeln wir alle Ideen unserer Mitglieder zu dem vorliegenden Entwurf. Sie können unkompliziert per E-Mail zugesendet werden unter: info [at] cdu-rhein-sieg.de, oder postalisch über die CDU-Kreisgeschäftsstelle in der Wahnbachtalstraße 8, 53721 Siegburg. Im August 2022 wird der Kreisvorstand alle Anregungen auswerten und über eventuelle eigene Anträge an den 35. Bundesparteitag entscheiden. Alle konstruktiven Eingaben sind wertvoll, um das Handeln in der Gegenwart bestmöglich zu bestimmen – und für die konkrete politische Arbeit in unserem Kreisverband.“

Der Entwurf der Grundwertecharta, den der CDU-Bundesvortand am 15. Juni 2022 zur Beratung gestellt hat, gibt es hier:  Download (221 KB)

 

Das neue Parteiprogramm mit der „Grundwerte-Charta“ wird mit der Ambition entwickelt, im Ergebnis die Geschichte der CDU neu und fesselnd zu erzählen: ihre auszeichnenden Merkmale, ihre Charakteristik und Chancenhaftigkeit als Volkspartei. In unserem Bundesland, bis tief in unsere Heimat im Rhein-Sieg-Kreis liegen außerordentliche Wegmarken dieser Geschichte: die Anbahnung der Gründung im seinerzeitigen Dominikanerkloster in Walberberg, Konrad Adenauers Haus am Zennigsweg in Rhöndorf, die „Bonner Republik“, die Zeugnisse der CDU-Politikerinnen und Politiker aus Nordrhein-Westfalen, die sie geprägt haben.

Am 20. April dieses Jahres 2022 hat sich zum 75. Mal der Tag der ersten Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen gejährt. In ihrer Folge wurde Karl Arnold der erste gewählte Ministerpräsident unseres Bundeslandes: durch das mehrheitliche Votum im Landtag am 17. Juni 1947. Im Vorfeld der Landtagswahl hatte Karl Arnold das „soziale Problem“ dargelegt, das in der Not der Nachkriegszeit mehr war als die Auseinandersetzung um physische Lebensgrundlagen: Es ist „angewachsen zu der Frage, ob die lebende Generation fähig ist, die Menschheit in einen geistigen Zustand zu bringen, der Vertrauen gegen Vertrauen und damit die Grundlage schafft, daß nicht mehr Gewalt und Besitz, sondern daß der aus dem Schöpfungsakt der Menschen und Völker kommende Sinn das Gemeinschaftsleben ordnet“.

„Vertrauen gegen Vertrauen“: Nie wieder sollte dem Staat erlaubt werden, alles zu dürfen. Der inneren Notwendigkeit folgend, sah Karl Arnold die Aufgabe, das „soziale Problem“ zu lösen, über Grenzen hinweg allen gestellt, die in der wirtschaftlichen und ebenso in der geistig-moralischen Niedergeschlagenheit der damaligen Zeit „auch einen Auftrag für das Leben der Zukunft sehen. […]. Aus diesem Grunde sind wir als politische Union in die Volksbreite gegangen und haben die Enge überholter Organisationen verlassen“. Karl Arnold hat vor der Landtagswahl 1947, am 21. Februar 1947 in Herne, für die CDU sein Wort verpfändet, dass das Gemeinwesen gegenüber der Partei immer das Wichtigere sein werde: „in allem, was wir tun und lassen“.

Konrad Adenauer hat vor der 1947-er Landtagswahl präzisiert, was die CDU als Volkspartei dauerhaft ausmachen sollte: Alle „miteinander, gleichgültig welchen Standes, gleichgültig, ob Unternehmer oder Arbeitnehmer, ob Fabrikant, ob Landwirt, wir alle haben uns auf diesen Boden gestellt“. Und er hat deutlich gemacht, dass, „wenn sich eine große Partei auf ein so ausgeprägtes und so entschiedene Forderungen stellendes Werk einigt, […] auch in einer Partei gegensätzliche Meinungen offen ausgesprochen werden, daß der eine den anderen zu überzeugen versucht und daß der eine dem anderen dann auch dies und jenes zugesteht, nur aus diesem Handeln, aus diesem lebendigen Leben kann doch wirklich ein Fortschritt erwachsen.“

Der Entwurf der „Grundwerte-Charta“, dessen Diskussion jetzt überall in der CDU erbeten und erwünscht ist, bekräftig das Vertrauen „auf die Idee der Volkspartei und [auf] ihre Bedeutung für unsere Demokratie“ im beispiellosen Wandel unserer Zeit: im Angesicht von gefährdeter Schöpfung, gewaltbereiter Bedrohung, zerbrechenden Ordnungen, Armutsmigration, digitaler Transformation und Zukunftsangst. Die CDU will „wieder und wieder“ der produktive Ort sein für die unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten unseres Zusammenlebens, für all unsere Stimmen und Gesichter:

„Wir sehen unseren Auftrag […] darin, auf der Basis unserer Grundwerte […] ein einigendes Band für die Vielfalt der Interessen zu schaffen. Wir führen Menschen aller Geschlechter, verschiedener Herkunft und vielfältiger Berufe, unterschiedlicher Bildung und Religion, allen Alters und aus verschiedenen Milieus zusammen und tragen […] zum gesellschaftlichen Zusammenhalt bei. Es ist unser Anspruch […], sinnstiftende politische Heimat zu sein […]. Wir wollen auch in Zukunft Volkspartei mit einem glaubhaften Gestaltungsanspruch für unser Land und Europa sein.“

Die vorgeschlagene „Grundwerte-Charta“ schließt mit Entschlossenheit und Optimismus für einen großen Schwung: „Wir in der CDU wollen diese Zukunft gestalten – mit Mut, Freude und Zuversicht.“ Für alle sollen die Türen und Fenster weit aufgetan sein, die die Grundwerte der CDU, „unabhängig von der eigenen religiösen Überzeugung“, teilen: die Wertvolles schützen, die das Herz und die Lust haben, aus eigenen Grenzen herauszugehen, die neue Wege auskundschaften, die die eigene Freiheit verbinden mit der Verantwortung für die anderen und für die Schöpfung.

Quelle dieser Grundwerte ist „heute wie damals“ das „christliche Verständnis vom Menschen“. Maßstab christlich-demokratischer Politik ist die „Verantwortung vor Gott und den Menschen“. Ihr grundlegender Anspruch ist die „Liebe zum Menschen vom Anfang bis zum Ende des Lebens“.

(Oliver Krauß)