CDU-Werkstattgespräch: Grenzüberschreitende Zusammenarbeit muss bei der Bekämpfung von Straftaten weiter ausgebaut werden

11.02.2022

Oliver Krauß: "Jenseits der Grenze dürfen Kriminelle keinen Vorsprung an Beweglichkeit und Vernetzung haben."

„Grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Bereich der Inneren Sicherheit“: Welche Maßnahmen sind notwendig und geeignet, um die Sicherheitsarchitektur über die EU-Binnengrenzen zu den Niederlanden hinweg auszubauen? Am Mittwoch, 02. Februar 2022, befasste sich im Düsseldorfer Landtag ein Werkstattgespräch der CDU-Landtagsfraktion mit der Aufgabe, auf neue kriminelle Energie zu reagieren, die Grenzübergänge und wechselnde nationale Zuständigkeiten als Fluchtkorridore nutzt.

Oliver Krauß MdL, der das Werkstattgespräch als Sprecher der CDU-Landtagsfraktion für Europa und Internationales inspiriert hatte: „Der Bedeutungsverlust nationaler Grenzen und die ungehinderte persönliche Bewegungsfreiheit auf der einen Seite veranlassen uns auf der anderen Seite, für die Sicherheit gemeinsam und integriert zu handeln. Kriminelle nutzen für ihre Zwecke die offenen Grenzen und die Chancen neuer Kommunikation und Vernetzung. Das Verhältnis von innerer und äußerer Sicherheit ist in Bewegung. Soziale Kontrolle verändert sich. Ob zum Beispiel mit gemischten Teams, bei der gegenseitigen Unterstützung von Polizeimaßnahmen, über den Austausch von Verbindungsbeamten, über dem punktgenauen Informationstransfer, oder im Zuge der Nacheile: Der Einsatz für die Sicherheit muss ebenso vernetzt und ebenso grenzüberschreitend agieren wie das die Kriminellen vormachen, denen er gilt.“

Angesichts des Pandemiegeschehens fand das Werkstattgespräch im „hybriden“ Format statt. Im Fraktionssaal der CDU waren neben Oliver Krauß mit dabei: der nordrhein-westfälische Minister des Innern, Herbert Reul, Thomas Mischke, Vorsitzender des Verbandes Bundespolizei/Zoll beim Bund Deutscher Kriminalbeamter sowie der stellvertretende Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion, Gregor Golland MdL, Mitglied des Innenausschusses. Digital schaltete sich aus den Niederlanden Hubert Bruls dazu, der Bürgermeister der Gemeinde Nijmegen. Ebenfalls digital dabei: Swen Eigenbrodt vom Hessischen Landeskriminalamt, Abteilung Schwere und Organisierte Kriminalität. Über das Panel hinaus beteiligten sich Experten und Interessierte aus ganz NRW an der Diskussion.

In seinem Statement verdeutlichte Oliver Krauß eine besondere Dynamik in den Bereichen „Rauschgiftkriminalität und Sprengungen von Geldausgabeautomaten“. Die Sichtbarkeit sei unterschiedlich: „Statistisch gesehen wird nahezu jeden zweiten Tag irgendwo in NRW ein Geldautomat gesprengt“, referierte der Abgeordnete die steigende Skrupellosigkeit. Rund 80 Prozent der Sprengungen in NRW werden laut Landeskriminalamt organisierten und professionellen Tatverdächtigen aus den Niederlanden zugerechnet. Die niederländischen Kriminalbeamten sind technisch zwar gut ausgerüstet; doch wurden alleine bei der Verfolgung der Automatensprengungen Stellen eingespart: Bis 2020 gab es in den Niederlanden drei Ermittlungsteams, die mit den deutschen Kollegen eng kooperierten. Heute gibt es nur noch ein Team in den Niederlanden, dass sich um die Geldautomatensprenger kümmert. Infolgedessen können die Niederlande weniger Verfahren aus NRW bearbeiten, zumal auch andere Bundesländer vermehrt betroffen sind.

Oft nur im Schatten solchen Tathergangs finde hingegen der Deliktbereich Rauschgiftkriminalität öffentliche Aufmerksamkeit. Laut Krauß zu Unrecht: „Denn Wachstum und Brutalität sind signifikant. Laborkapazitäten werden in die Niederlande verlagert. Grundstoffe für die Herstellung synthetischer Drogen werden über die niederländischen Seehäfen eingeschmuggelt. Syndikate schleusen Drogen in großen Mengen über die Rhein-Ruhrschiene nach ganz Deutschland.“

Die Kriminalbeamten schilderten anschaulich anhand konkreter Fälle den trotz erheblicher Anstrengungen bestehenden Handlungsbedarf.

In der Diskussionsrunde rückten sich verändernde Bedingungen für die Gewährleistung von Sicherheit in den Mittelpunkt: namentlich im Zusammenhang mit physischer und technologiegetriebener Entgrenzung. Allein innerhalb nationaler Grenzen lasse sich Sicherheit nicht gewährleisten. Nordrhein-Westfalen und die Niederlande haben eine gemeinsame Grenze von fast 400 Kilometern Länge. In bezeichnender Perspektive erforderten die dort entfallenen Kontrollen, den Informationsaustausch besser zu machen, um gewonnene Freiheit nicht mit Sicherheit bezahlen zu müssen. Ein gestohlenes Fahrzeug beispielsweise müsse auf beiden Seiten der Grenze als solches identifiziert sein. In diesem Dienst ist das sogenannte Schengener Informationssystem ein besonders sichtbares Instrument. Innenminister Herbert Reul zeigte die in den letzten Jahren ergriffenen Maßnahmen auf, erneuerte allerdings seine Forderung nach einer noch besser verzahnten Zusammenarbeit und einer gemeinsamen Dienststelle im Grenzgebiet.

Endende nationale Zuständigkeit darf weder Schlupfloch noch Einfallstor sein

Die sicherheitspolitische Kooperation zwischen NRW und den Niederlanden, die in zahlreichen persönlichen Kontakten gefestigt ist, ist in den letzten Jahren stetig besser gemacht worden: mit einem Augenmerk ebenfalls auf Strafverfolgung und Prävention. Auf der anderen Seite seien „immer brachialere Methoden“ und größter krimineller Eifer zu verzeichnen, technische Hürden zu überwinden, Sicherungssysteme auszuhebeln. Der Appell an intelligence, an Prävention und effektive Ermittlungsinstrumente in gemeinschaftlicher Verantwortung, bleibe deshalb unausgesetzt dringlich. Auch müssten die Personalkörper so entwickelt werden, dass die Teams den Aufgaben in grenzüberschreitender Perspektive gerecht werden können.

Oliver Krauß: „Freiheit und Sicherheit sind jeweils ein Staatszweck und wesentlich aufeinander bezogen. Ohne Sicherheit ist Freiheit nicht zu denken. Die immer größere Offenheit unserer Gesellschaft und der gleichzeitig immer höhere Grad von Vernetzung legen auch prinzipiell nahe, die praktische Zusammenarbeit von Polizei – aber auch von Justiz und von Trägern vorbeugender Arbeit – über die Grenzen hinweg mit größter Aufmerksamkeit zu definieren: Denn eine endende nationale Zuständigkeiten darf nicht Schlupfloch oder Einfallstor für die werden, die Leib und Leben, Hab und Gut Schaden zufügen.“

Krauß weist darauf hin, dass der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union im Einklang damit die Aufgabe beschreibe, allen Mitbürgerinnen und Mitbürgern „durch Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von Kriminalität sowie von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, zur Koordinierung und Zusammenarbeit von Polizeibehörden und Organen der Strafrechtspflege […] ein hohes Maß an Sicherheit zu gewährleisten“.

In der Union müsse Nordrhein-Westfalen mit den Partnern in den BeNeLux-Staaten unentwegt vorangehen, um Zusammenarbeit weitergehend zu vertiefen und einzuspielen: „mit ehrlichem Lagebild, mit der Bereitschaft auch zu konstruktiver Kritik“.