Volkstrauertag

19.11.2023

Wir gedenken der Opfer von Krieg und Gewalt

Sehr geehrte Damen und Herren,

zwei Wochen vor dem ersten Advent begehen wir den Volkstrauertag. Dieser Tag liegt zeitlich zwischen den katholischen Gedenktagen Allerheiligen/ Allerseelen und dem Ewigkeitssonntag/ Totensonntag der evangelischen Kirchen.

Der Volkstrauertag hat seinen geschichtlichen Ursprung in dem Gedenken an die Gefallenen des Ersten Weltkriegs. Heute ist er das Innehalten für alle, die Opfer wurden von Krieg, Gewaltherrschaft, Mord und menschlicher Niedrigkeit – Frauen, Männer und Kinder, überall auf der Welt.

Das Leitwort des Volkstrauertags in diesem Jahr lautet: „Frieden ist mehr als die Abwesenheit von Krieg“. Ein Frieden, der auf Stillhalten und auf einer Logik von Angst gründet, kann nicht bestehen. Er ist, wie es Konrad Adenauer einmal gesagt hat, ein „Kirchhofsfrieden“. Sein Preis ist, Unrecht stillschweigend zu akzeptieren, sich von Furcht lähmen zu lassen – und am Ende die eigene Freiheit zu verlieren.

„Auf Flanderns Feldern blüht der Mohn / zwischen den Kreuzen, Reihe um Reihe“, beginnt in deutscher Übersetzung ein Gedicht, das der kanadische Arzt John McCrae inmitten der Schlachtfelder des Ersten Weltkrieges schreibt, im Mai 1915. „Wir sind die Toten. / Vor wenigen Tagen noch lebten wir, fühlten den Morgen.“ Im Jahr 2023 standen 830 Kriegsgräberstätten in der Obhut des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge 830 Kriegsgräberstätten – 2,8 Millionen Mitmenschen, die ihr Leben lassen mussten.

Der Appell des Volkstrauertages wiegt in unseren Tagen einmal mehr: „Gemeinsam für den Frieden.“ Die mörderische Aggression gegen die Ukraine kann niemanden ruhen lassen. Der fürchterliche Terror im Nahen Osten: Ein Ende ist nicht abzusehen. Ebenso in „vergessenen Kriegen“ verlieren Mitmenschen tagtäglich ihre Angehörigen. Lebensgrundlagen werden vernichtet. Fluchtbewegungen erreichen größte Ausmaße.

Die Übergänge zwischen Krieg und Frieden sind oftmals fließend. In unserer demokratischen Gesellschaft bleibt Frieden untrennbar verbunden mit Begriffen wie Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten.
Auch daran erinnern wir uns am Volkstrauertag. Frieden und Freiheit sind die Grundlagen, menschenwürdig leben zu können. Damit ist menschliche Freiheit die Freiheit „zu etwas“, nicht die Freiheit „von etwas“. Es ist die aktiv gemeinte Freiheit, Stellung zu nehmen. „Nie wieder ist jetzt.“ Es ist die Freiheit, selbstgemachte „Wahrheiten“ und Hass nicht hinzunehmen, wie wir ihn gegen Jüdinnen und Juden zunehmend erleben, gegen andere Minderheiten, gegen die, die in ein eigenes Bild nicht passen.

Für das vielfältige diesbezügliche Engagement bin ich sehr dankbar. Es ist unerträglich, dass in Deutschland „Judensterne“ an Hausfassaden geschmiert, israelische Flaggen verbrannt und antisemitische Parolen gegrölt werden. Es ist die Niedertracht gegen andere nicht zu erdulden, die eine offenkundig rechtsextreme Partei in unserem Land sät. Hinzu kommen Wortführer, die die Terroranschläge der Hamas für eigenen Antisemitismus instrumentalisieren. Rechtsstaatlichkeit und die Demokratie feinden sie offen an.

Meine große Bitte ist: Bitte beteiligen Sie sich gerade am Volkstrauertag an den Gedenkveranstaltungen, die besonders sichtbar machen, was Menschen ihren Mitmenschen antun können und angetan haben. Unterstützen Sie bitte weiterhin die wichtige Arbeit des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Wir wollen keine andere Republik. Wir wollen diese Republik unseres Grundgesetzes, die sich nicht reduzieren lässt auf einen formalen Verfahrenskern. Fragen wir die Opfer. Und beziehen wir Position. Jede und Jeder von uns kann dazu beitragen.

Vielen Dank.

Oliver Krauß MdL