Zwischen dem Erfolg von „Null-Toleranz-Strategie“ und neuen Bedrohungsszenarien: NRW-Innenminister Herbert Reul steht in Bornheim Rede und Antwort

05.03.2020

In dem Koalitionsvertrag hat die nordrhein-westfälische Landesregierung eine „Null-Toleranz-Politik gegen Kriminelle“ verabredet, um, wie es heißt, „den besonderen Charakter Nordrhein-Westfalens als tolerantes und vielfältiges Land dauerhaft bewahren zu können“. Rund zweieinhalb Jahre nach seiner Vereidigung als nordrhein-westfälische Innenminister, am 30. Juni 2017, folgte Herbert Reul am vergangenen Dienstagabend, 03.03.2020, einer Einladung der Bornheimer Stadtverbände von CDU und FDP zu einer öffentlichen sicherheitspolitischen Diskussion in den Räumen der Spedition Franz Wirtz GmbH. Die Veranstaltung im Bornheimer Gewerbegebiet fand im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Politik im Gespräch“ statt, die die beiden Stadtverbände mit ihren Vorsitzenden Gabriele Kretschmer und Jörn Freynick im etwa halbjährlichen zeitlichen Intervall zu Themen mit landespolitischen Bezug organisieren.

Relativ „gute Kunde“ ging dem Besuch des Ministers in Bornheim voraus. Gerade erst waren die Zahlen der neuen Polizeilichen Kriminalitätsstatistik verlautet, bezogen auf das Jahr 2019 in Nordrhein-Westfalen: Landesweit sank die Zahl der registrierten Straftaten im Jahr 2019 um 4,3 Prozent, weniger Gewaltdelikte, die Aufklärungsquote erreichte mit 53,3 Prozent den zweitbesten jeweils gemessenen Wert – die Kriminalität in NRW wurde auf ein 30-Jahres-Tief zurückgedrängt. Von dieser Entwicklung profitieren die Städte und Gemeinden des linksrheinischen Rhein-Sieg-Kreises, für die das Polizeipräsidium Bonn zuständig ist, konkret mit einem Rückgang der Gesamtkriminalität um 1.889 Fälle im Vergleich zum Vorjahreszeitraum: Das bedeutet ein Minus von 5,1 Prozent.

Objektiv ist die Sicherheit in Nordrhein-Westfalen „so hoch“ wie kaum jemals zuvor, die „Null-Toleranz-Strategie“ der Landesregierung wirkt. Dem steht allerdings eine veränderte Gefährdungslage europa- und weltweit gegenüber, die vor nationalen und föderalen Grenzen nicht Halt macht. Ein „Fallwind“ dieser Bedrohungsszenarien erreichte am Dienstagabend kurzfristig sogar die Diskussion in der Spedition Wirtz, in der rund 150 Gäste von CDU und FDP – unter ihnen die Bornheimer CDU-Fraktionsvorsitzende und gemeinsame Bürgermeisterkandidatin von CDU, FDP und UWG Bornheim –  zusammengekommen waren: Herbert Reul, der selber aus der Stadt Leichlingen im Rheinisch-Bergischen Kreis stammt, wurde über den Beginn der eigentlichen Veranstaltung hinaus noch durch eine akute telefonische Rücksprache zum Schutz der europäischen Außengrenzen in Anspruch genommen:  Im Kollegium der Innenminister der Bundesländer mit dem Bundesinnenminister Horst Seehofer sagte Reul dabei die personelle Unterstützung der Polizei NRW bei der Sicherung der Außengrenzen zu.

Innenpolitisch bestand im Rahmen der Veranstaltung Einigkeit, dass vom Rechtsextremismus aktuell weitaus größere Gefahren ausgehen als vom Linksextremismus, der allerdings nicht ganz vernachlässigt werden dürfe.

Der Landtagsabgeordnete Oliver Krauß, der die Diskussion in der Spedition Wirtz gemeinsam mit seinem Bornheimer Kollegen Jörn Freynick (FDP) moderierte, pflichtet dem NRW-Innenminister in der Beurteilung bei, in „vorbildlos schwieriger Zeit“ zu leben: „Die objektiven Erfolge der ‚Null-Toleranz-Strategie‘ und die Stabilisierung der Sicherheitslage in unserem Bundesland können und dürfen vor allem nicht über eine neue Aggressivität und Qualität der Verbrechen hinwegtäuschen, in Verbindung mit der Ablösung von Wertemustern, mit dem Erstarken außerdemokratischer Positionen, mit völkisch-nationalistischem Gedankengut, mit unerträglichen Ausdrücken der Diskriminierung und der Brutalisierung, die sich schon als ‚salonfähig‘ maskiert.“ Bezeichnend kam Herbert Reul auf 9.000 Attacken auf Polizisten in NRW im Jahr 2018 zu sprechen, aber auch auf viele andere Mitmenschen, „die uns nicht nur bei der Polizei, sondern auch bei den Rettungs- und Hilfsdiensten helfen“.