Böden, Grundwasserschutz, Nährstoffe: Unsere Landwirte sind beste Experten

23.02.2021

Düngeregulierung: Gebietskulisse differenziert die Nitratbelastung in NRW, genauere Daten machen "rote Gebiete" kleiner!

Aus dem Jahr 1826 stammt die Notiz eines Betrachters, der von den Höhenzügen des südlichen Vorgebirges aus den Blick schweifen lässt:

Man „hat den Rhein vor sich, auf dessen linker Seite sich eine Hügelreihe […] herabzieht. […] Hinter dem Kreuzberge tritt das Vorgebirge, welches durch seine Weinberge, Obstgärten und Büsche viele Abwechselungen darbietet, halbmondförmig zurück, und es entfaltet sich eine fruchtbare Ebene. Links [...] erblickt man Cöln […] auf beiden Rheinufern eine Menge freundlicher Dörfer. Kehrt der Beschauer mit seinem Blicke auf der rechten Rheinseite nach dem Siebengebirge zurück, so erblickt er im Vordergrunde der Bergischen Hügelreihe das Schloss Bensberg […].“

Fast 200 Jahre später bietet sich dem heutigen Betrachter ein ähnliches Bild. In ihm laufen die Farben von Natur- und Kulturlandschaft ineinander. Die „Grünen Berufe“ haben das Panorama geprägt, über die Generationen hinweg. Ohne das Engagement von Forst- und Landwirtschaft ergäbe sich eine ganz andere Aussicht. Die, die unsere Äcker, Wiesen und Gärten kultivieren, die unsere Wälder als Schutz und Erholungsräume erhalten: Sie arbeiten ganz vorne beim Naturschutz.

Im Dienst an unseren Böden – die das Wasser speichern, Nährstoffe, Kohlenstoff – sind unsere Landwirte beste Experten. Die Auflagen, die sie im Dienst an Umwelt und biologischer Vielfalt erfüllen, bedeuten in der internationalen Konkurrenz vielfach einen Mehraufwand.

Ab dem 1. März 2021 gilt eine neue „Gebietskulisse“, die in Nordrhein-Westfalen nitratbelastete Gebiete ausweist. Mit ihr wird vor allem die Bundesdüngeverordnung präzisiert. Auf rund elf Prozent der landwirtschaftlichen Nutzflächen in Nordrhein-Westfalen gelten in Anbetracht der Gebietskulisse zusätzliche Anforderungen.

Oliver Krauß: „Insgesamt ist in Nordrhein-Westfalen mit diesen elf Prozent eine Fläche von rund 165.000 Hektar betroffen. In diesen sogenannten roten Gebieten ist die Nitratbelastung unseres Grundwassers zu hoch. Das saubere Grundwasser aber ist höchstes Gut, dass unbedingt zu schützen ist.“

Die Auseinandersetzung um ein wirksames Düngerecht hat eine Ursache in einem Urteil des Europäischen Gerichtshof vom 21. Juni 2018, durch das die Bundesrepublik verpflichtet wurde, das bis zu diesem Zeitpunkt verfolgte Aktionsprogramm zu verbessern, um die Ziele der europäischen Nitratrichtlinie zu erreichen: den Eintrag von Nitrat in das Wasser zu verringern und ihm vorzubeugen. Strafzahlungen von bis zu 857.000 Euro pro Tag standen im Raum, solange die Standards der europäischen Nitrat-Richtlinie verpasst werden.

In der Folge hatten sich Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner und ebenso die nordrhein-westfälische Landwirtschaftsministerin Ursula Heinen-Esser dafür eingesetzt, dass die Chancen von Binnendifferenzierung und Wasserkooperation bestmöglich ergriffen werden, um Schaden abzuwenden, der durch eine nicht aufgeschlüsselte, flächenübergreifende Anwendung von Düngerecht entstehen würde: durch pauschale Maßnahmen.

Aufwand der Gebietsdifferenzierung macht sich bezahlt

Oliver Krauß: „Es ging bis zuletzt darum, die Bewirtschaftungsformen genau zu erfassen, die tatsächlich aufgebrachten Düngemengen zu unterscheiden, die jeweiligen Standorteigenschaften zu berücksichtigen, die Kulturen, das Nachlieferungspotenzial der Böden.“ In diesem Anliegen seien die Messstellen in NRW überprüft und ertüchtigt worden. Anstatt der 350.000 Hektar, die aufgrund einer schmaleren Datenbasis noch gegen Jahresende 2020 im Raum standen, konnten mit der näheren Betrachtung nun die 165.000 Hektar ausgemessen werden, die von der Überbelastung tatsächlich betroffen sind. Ministerin Ursula Heinen-Esser hatte den Landtagsausschuss für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz nach dem Jahreswechsel 2020/2021 über das entsprechende Vorgehen informiert:

„Diese Gebietsdifferenzierung ist sehr aufwändig und konnte daher bisher nur in den unbelasteten (grünen) Grundwasserkörpern abgeschlossen werden. Die Differenzierung der belasteten (roten) Grundwasserkörper wird bis Ende Februar qualitätsgesichert abgeschlossen und die Gebietskulisse entsprechend aktualisiert.“

Schriftlicher Bericht von Frau Ministerin Ursula Heinen-Esser (680.25 KB)

Oliver Krauß: „Mit der gemeinsamen Voraussetzung gibt es jetzt bessere, verhältnismäßige Voraussetzungen, um Böden und Pflanzen exakt mit Nährstoffen zu versorgen und Austräge in die Umwelt und in das Grundwasser abzuwenden. Zu einer ehrlichen Betrachtung gehört aber auch, dass dafür ein zusätzlicher Aufwand notwendig wird, mit dem die Landwirtschaft nicht alleingelassen werden darf. Dass die Erfassung jetzt optimiert werden konnte, dass die Gefahr von Erntedepression – weil die Düngung den Bedarf nicht erreicht – entscheidend verringert worden ist: Das ist auch ein Erfolg der Landwirte aus dem Rhein-Sieg-Kreis! Sie haben die Näherung und Differenzierung mit deutlicher Stimme eingefordert und mit der Expertise überzeugt, die sie haben und auf die die Landespolitik angewiesen ist.“

Der Abgeordnete aus Alfter hatte die Belange der Landwirtschaft im Rhein-Sieg-Kreis in der landespolitischen Anbahnung mit großem Nachdruck vertreten. Ministerin Ursula Heinen-Esser hatte die neue Gebietskulisse dann in einer Videokonferenz vorgestellt – und ein positives und gleichzeitig konstruktiv-kritisches Echo aus der Landwirtschaft im Rhein-Sieg-Kreis erhalten.