Das Landeskabinett beschließt den Haushaltsplanentwurf 2021

23.09.2020

Keine Schulden im allgemeinen NRW-Haushalt 2021 & Rettungsschirm in außergewöhnlicher Notsituation 

Winston Churchill wird der Satz zugeschrieben, dass die Veränderungsenergie nicht vertan werden darf, die eine Krise freisetzt: “Never let a [.] crisis go to waste”. Auf diesen Gedanken hat Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble in einem Interview Ende August 2020 Bezug genommen: „Ohne den Druck von Krisen ist die Bereitschaft zu Veränderungen [.] gering. Jetzt haben wir eine Krise, wie wir sie uns nie vorstellen konnten. Das müssen wir nutzen, um voranzukommen.“

Inmitten aller schmerzlichen Betroffenheit zeigen sich Chancen der Krise im Licht von Mitmenschlichkeit und Solidarität, in der Nachbarschaft, im Land, in der Gemeinschaft in Europa: „Wenn diese Krise nicht groß genug ist, um die Integration [hier: in der EU] voranzubringen, welche dann?“

Und die Krise kann unter ökologischem und ökonomischem Gesichtspunkt Tempomacher werden. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier identifiziert den „Green Deal“ der EU-Kommission als „einzigartige Chance, Klimaschutz und Wirtschaft gemeinsam voranzubringen und zu versöhnen. Wir können Klimaneutralität, einschließlich notwendiger Zwischenziele, bis spätestens 2050 erreichen, wenn wir gleichzeitig mit Innovation und Technologie Arbeitsplätze sichern und neue schaffen.“ Dafür arbeitet die deutsche Ratspräsidentschaft in dieser zweiten Jahreshälfte 2020.

Der „Rat für nachhaltige Entwicklung“ pointiert den Zusammenhang: „Die EU-Kommission will beide Themen verknüpfen, Corona und Klima.“ Verhandelt wird in diesen Tagen ein 750-Milliarden-Euro Wiederaufbauprogramm der EU, ohne dass Schulden vergemeinschaftet werden: Die „Ausgaben sollen [zum Beispiel] in die ökologische Transformation der Wirtschaft fließen – in Ladesäulen, Gebäudesanierung, Wasserstoffwirtschaft“. Es geht mithin nicht um ein einseitiges „Strohfeuer“, das quasi verkonsumiert wird, sondern um die Bindung der Vergabe an zukunftsgewendete Kriterien. Denn, nach Zitation des „Rat[es] für nachhaltige Entwicklung“: „Was wir heute [..] ausgeben und nicht refinanzieren, das muss die nächste Generation abbezahlen. Die Investitionen müssen Umwelt und Klima zugutekommen, sonst belasten wir unsere Kinder damit doppelt.“

Solidarität und Solidität gehören zusammen. In diesem Sinne sind die Worte von Wolfgang Schäuble zu bedenken: „Im Moment [der Corona-Hilfen] entsteht der Eindruck, als gäbe es Geld für alles.“ Hohe Forderungen in Tarifverhandlungen seien deshalb „kein Wunder“ – „dabei wären viele Menschen froh über einen sicheren Arbeitsplatz“.

An diesem Dienstag, 22.9.2020, hat das NRW-Landeskabinett den Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2021 beschlossen. Zu den Koordinaten gehören die aktuell bekannt gewordenen Steuerschätzungen, die gegenüber der Finanzplanung aus der Zeit vor der Pandemie deutliche Mindereinnahmen erwarten lassen: mit dem Minus von 5,476 Milliarden Euro im kommenden Jahr 2021, mit einem Minus im Umfang von 5,14 Milliarden Euro im Jahr 2022, und nochmals mit einem Minus in Höhe von 3,906 Milliarden Euro im Jahr 2023.

Diese Mindereinnahmen sind vor allen Dingen Folge des wirtschaftlichen Einbruchs und Folge der steuerlichen Entlastungsmaßnahmen, die helfen, die Corona-Krise durchzustehen.

Die Landesregierung stellt den Haushalt für das Jahr 2021 deshalb in einer „außergewöhnliche[n] Notsituation“ auf, wie es Lutz Lienenkämper beschreibt, der nordrhein-westfälische Minister der Finanzen: Diese Notsituation wird „nach unserer Einschätzung auch in den Jahren 2021 und 2022 gegeben sein“.

Unter den Zwillingsaspekten Solidarität und Solidität ist verabredet, den NRW-Rettungsschirm, der im März 2020 einstimmig beschlossen und der mit 25 Milliarden Euro ausgestattet worden ist, in den Jahren 2021 und 2022 fortzuführen: um in dem Szenario einer andauernden Krise schnell und angemessen reagieren zu können.

Entscheidung und Verantwortung bleiben zusammen

Neben diesem Sondervermögen wird der allgemeine Haushalt wieder schuldenfrei aufgestellt. Vorgesehen wird ein Gesamtvolumen von knapp 82 Milliarden Euro (ohne durchlaufende Posten). Die „schwarze Null“, für die die NRW-Koalition seit dem Regierungswechsel als Minimum einsteht, wird mit der Haushaltsplanung geschafft. Der Kreislauf der früheren Jahre, fehlende Steuereinnahmen durch die Beschaffung am Kreditmarkt „auszugleichen“, bleibt durchbrochen. Der ordnungspolitische Vordersatz wird eingelöst, dass, wer Entscheidungen trifft, dafür auch Haftung übernimmt. Jürgen Rüttgers hat dazu die Begriffe gefunden: „Die Regeln des ehrbaren Kaufmanns, die Verantwortung der staatlichen und gesellschaftlichen Institutionen, aber auch Anstand und Selbstverantwortung sind Voraussetzung für eine freiheitliche Gesellschaft.“

Minister Lutz Lienenkämper erläutert die 2021-er Haushaltsplanung: „Die Nachfrage des Landes gegenüber dem einzuschränken, was wir uns für normale Zeiten vorgenommen haben, wäre mit Blick auf die konjunkturpolitischen Wirkungen kontraproduktiv. Eine Erhöhung wäre schädlich mit Blick auf die politisch und verfassungsrechtlich notwendige Rückkehr zur haushaltspolitischen Normalität.“

Die Haushaltsdisziplin und die Vorsorge, die in den ersten Haushaltsjahren nach dem 2017-er Regierungswechsel getroffen wurde, helfen jetzt ebenso wie die Entfesselung von Kreativität, Initiative und ökonomischer Aktion in Nordrhein-Westfalen. Das eine und das andere ist Bedingung für das Wachstum, das notwendig ist, um nicht von der Substanz leben zu müssen. Mit dieser Selbstgewissheit wollen wir in unserem Land eine Finanzpolitik, die unsere Zukunft auf ein sicheres Fundament stellt: mit der Unterstützung von Familien, mit neuer Investition für die Innere Sicherheit, mit wiederum einem Plus für den Fahrrad- und Fußverkehr, mit dem Ausbau des Offenen Ganztags – um nur ein paar Beispiele aus dem Haushaltsplanentwurf für 2021 zu nennen.

Die erste Lesung des Entwurfs ist im Landtag am 7. Oktober 2020 geplant. Eine vollständigere Übersicht über die Eckpunkte, die das Landeskabinett am Dienstag beschlossen hat, gibt es hier: 

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