Gelingende Inklusion: Auf dem Weg zu einem neuen Aktionsplan

09.12.2020

Erster Teilhabebericht in der Beratung - erfolgreiche Konzepte mit neuen Impulsen verknüpfen, die Erfahrungen der Pandemie mitnehmen

Seit dem Jahr 1993 wird am 3. Dezember regelmäßig der Internationale Tag der Menschen mit Behinderung begangen. Dieser Tag erinnert wiederkehrend an die wichtige Aufgabe, Trennungen zu überwinden, vor die Beeinträchtigungen – körperlich, seelisch oder geistig – oft stellen.

In Nordrhein-Westfalen leben mehr als 3,6 Millionen Menschen mit einer Beeinträchtigung, an Leib oder Seele. „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“, stellt das Grundgesetz klar. Inmitten einer Gemeinschaft, die für jede und jeden da ist und in der wir uns gegenseitig helfen, nach vorne zu schauen, schadet jedes vermeidbare Hindernis. Wir stehen in gegenseitiger Verantwortung und brauchen einander: jeden Mitmenschen als eine einzigartige und unwiederholbare Person.

Im Juni dieses Jahres 2020 hat der nordrhein-westfälische Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Karl-Josef Laumann, dem Landtag den „Bericht zur Lebenssituation von Menschen mit Beeinträchtigungen und zum Stand der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Nordrhein-Westfalen" zugeleitet, kurz: den Teilhabebericht Nordrhein-Westfalen (6 MB)Die Landesregierung ist durch den Gesetzgeber verpflichtet, dem Parlament auch künftig Rechenschaft zu geben, fortlaufend.

Der über 300 Seiten starke Bericht von externen Experten ist Grundlage laufender Beratungen im nordrhein-westfälischen Landtag mit dem Ziel, einen neuen Aktionsplan zu verabreden, um der Daueraufgabe der Inklusion in der gesellschaftlichen Dynamik immer gerechter zu werden, neue Wege zu finden, nicht in Routinen zu erstarren.

„Im Streulicht der Pandemie erleben wir alle eindrücklich, dass es oft keine Königswege gibt, um über innergesellschaftliche Grenzen ein für alle Mal hinwegzukommen“, macht der Landtagsabgeordnete Oliver Krauß deutlich: „Nicht selten verschärfen Beeinträchtigungen diese Erfahrung: beispielsweise die Erfordernisse, auf digitale Kommunikation überzugehen, die Situation in einer Risikogruppe, oder, in praktischer Zuspitzung, das Einhalten des Abstandsgebots im Falle der Erblindung.“

Experten-Anhörung im Landtag: Bewertungen strukturieren den neuen Aktionsplan

Die Landtagsfraktionen von CDU und FDP haben in Verbindung mit dem Teilhabebericht NRW den Antrag in das parlamentarische Verfahren eingebracht:

„Teilhabe von Menschen mit Behinderungen neu und innovativ gestalten – Inklusion in Nordrhein-Westfalen weiter voranbringen!“ (103 KB)

Die Befunde des Berichts sollen analysiert werden und die konkreten Handlungsmöglichkeiten genutzt werden: im Kreis mit den „Verbänden und Organisationen der Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen im Inklusionsbeirat“.

Die Auswirkungen der Corona-Krise werden einbezogen: zusätzliche „Beeinträchtigungen, zum Beispiel mit Blick auf barrierefreie Kommunikation". Dringender Verbesserungsbedarf wird herausgearbeitet, um neue Chancen der Teilhabe zu suchen und zu finden (wie z. B. bei der Teilhabe an Erwerbsarbeit). Im Ergebnis wird der neue Aktionsplan stehen. Dazu hat die Fraktion der SPD einen Entschließungsantrag vorgelegt. Beide Anträge sind am 27. August 2020 im Landtagsplenum beraten worden. Das Plenarprotokoll gibt es hier: Plenarprotokoll (160 KB)

„Wir wollen die Inklusionspolitik in Nordrhein-Westfalen weiter voranbringen“, hat Minister Karl-Josef Laumann in dieser Landtagssitzung die große Entschlossenheit zum Ausdruck gebracht, die die demokratische Mitte des Landtags eint: “In Nordrhein-Westfalen ziehen wir bei der Inklusionspolitik in vielen Bereichen über die Fraktionsgrenzen hinweg an einem Strang. Dies ist eine gute Tradition […].“

Auf dem eingeschlagenen Weg zu einem neuen Aktionsplan fand am 3. Dezember 2020, dem Internationalen Tag der Menschen mit Behinderung, eine Sachverständigen-Anhörung des Landtags-Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales statt. Unterschiedliche Würdigungen der Sachverständigen – beispielhaft die Expertise der Monitoring-Stelle UN-Behindertenrechtskonvention, die am Deutschen Institut für Menschenrechte eingerichtet ist – bestätigen den Teilhabebericht als starkes Fundament:

„Erstmalig werden […] verfügbare Daten zur Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen […] in einem wichtigen Referenzdokument dargestellt.“ Begrüßt wird, „dass damit nun gebündelte Erkenntnisse vorliegen, mit denen die zukünftige Inklusionspolitik des Landes noch stärker an den Bedarfen von Menschen mit Behinderungen orientiert gestaltet werden kann.“

Die erhobenen Daten, die regelmäßig ergänzt werden, belegen zugleich den erheblichen Aufholbedarf: die Einbindung in den Arbeitsmarkt mit ungekürztem Verdienst, guter Wohnraum, die Barrierefreiheit im Verkehr, an den Schulen und KiTas, oder in der medizinischen Versorgung – um nur einige Beispiele zu nennen.

Oliver Krauß: „Wichtig ist, dass es nicht nur um die Verbesserung von Strukturen geht, die in negativer Wendung selber beengend wirken können. Sondern es geht ebenfalls darum, die persönlichen Anliegen wahrzunehmen: den Willen und den Wunsch, selbstbestimmt und ungezwungen zu leben, wie jede und jeder leben möchte. Das gehört zum Ausgangspunkt. Gelingende Inklusion ist auf die konkrete Aktion in unserem Miteinander angewiesen. Das lässt sich nicht verordnen.“

Oliver Krauß ist Schirmherr der „Stiftung Integrative Behindertenarbeit der Evangelischen Kirchengemeinden Meckenheim, Rheinbach, Swisttal“. Wo öffentliche Gelder nicht ausreichen, helfen die Mitglieder und Unterstützer des Stiftungsrates in den Kirchengemeinden und deren Umfeld, Barrieren auszuräumen und Gemeinschaft zu ermöglichen, die aufgrund von Beeinträchtigungen andernfalls scheitern würde oder könnte.  Informationen zu der ehrenamtlichen Arbeit der Stiftung‚ die „ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen und kirchlichen“ Stiftungszwecken dient, gibt es im Internet unter der Adresse: www.stiftung-integrative-behindertenarbeit.de . Dort wird auch über die Möglichkeit informiert, die wertvolle Arbeit der Stiftung mit einer Spende oder auf dem Weg der Zu-Stiftung zu unterstützen: https://inklusion-rhein-sieg.de/spenden .